Bundeswehr in der Zeitenwende: Können wir Krieg?
Bundeswehr in der Zeitenwende: Können wir Krieg?
Wie weit sind die deutschen Streitkräfte nach gut einem Jahr Zeitenwende gekommen? Wie kriegstauglich ist die Bundeswehr heute? Der Filmautor Florian Huber beleuchtet diese Frage aus drei Perspektiven: der Ausrüstung, der Verbündeten und der deutschen Politiker und Politikerinnen.
182.000 Männer und Frauen dienen in der Bundeswehr. Sie gelten als sehr gut ausgebildet und hoch motiviert. Doch auch die beste Armee ist nur so gut wie ihre Ausrüstung. Die Bundeswehr steckt in einer beispiellosen Materialmisere: von allem zu wenig, zu alt, zu spät, so beklagen es die Wehrbeauftragten seit Jahrzehnten.Wie drastisch das den Soldatenalltag bestimmt, zeigt sich bei der Instandsetzungskompanie der Clausewitz-Kaserne in der Nähe von Magdeburg. Dort werden jährlich hunderte Bundeswehrfahrzeuge gewartet und repariert. Doch vor Ort lagern fast gar keine Ersatzteile. Jedes Schräubchen muss bestellt und individuell von der Industrie gefertigt werden. Gerade bei komplexen Waffensystemen dauert es Wochen und Monate, bis die Ersatzteile vorliegen. Die Geräte können in der Zwischenzeit nicht eingesetzt werden.
Die Notlösung: borgen, leihen, verschieben. In der „Battlegroup“ an der NATO-Ostflanke in Litauen ist das der Normalzustand. In diesem Verband mit 1.700 Männern und Frauen aus sechs Nationen hat Deutschland das Kommando. Um die Truppe auszustatten, muss die Bundeswehr Material aus verschiedenen deutschen Standorten zusammenkratzen. Die Bündnispartner loben die Zusammenarbeit in der „Battlegroup“ – doch die Rüstungsdefizite und mangelnde Einsatzfähigkeit kritisieren sie scharf. Allen voran die USA werfen den Deutschen vor, ihre Versprechen an die NATO nicht zu erfüllen. Und speziell die Verbündeten aus den baltischen Ländern haben große Zweifel, ob die Deutschen im Ernstfall für sie in den Krieg ziehen würden. Schuld daran seien jedoch nicht die Soldaten, sondern die Politiker in Berlin – „die Anzugträger, nicht die Uniformträger“, wie es US-General Ben Hodges formuliert.
Seit der Wiedervereinigung herrschte in der deutschen Politik ein trügerisches Gefühl ewigen Friedens. Die meisten Politikerinnen und Politiker gehen in diesen Jahren auf Distanz zur Bundeswehr. Sie schließen Kasernen, verschrotten Kriegsgerät, verkleinern die Armee. Deutschland macht es sich als „Friedensmacht“ bequem. Mit dem schrecklichen Erwachen nach Ausbruch des Ukrainekriegs müssen dieselben Politiker nun dafür sorgen, dass die Bundeswehr wieder ihre Hauptaufgabe erfüllen kann: dem Schutz von Land und Bündnis, über die Zeitenwende hinaus.
Für diesen Film sind alle wichtigen Protagonistinnen und Protagonisten der militärischen Zeitenwende vor die Kamera getreten: der neue Verteidigungsminister Boris Pistorius und seine Vorgänger Christine Lambrecht und Thomas de Maizière; die Vorsitzende des Verteidigungsausschusses Marie-Agnes Strack-Zimmermann; der ehemalige Generalinspekteur der Bundeswehr Eberhard Zorn; der Kommandeur der Battlegroup in Litauen Marco Maulbecker; Lettlands Verteidigungsminister Artis Pabriks und der frühere Chef der US Army in Europa Ben Hodges sowie natürlich eine Reihe aktiver und ehemaliger Bundeswehrsoldaten.
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