Bestellen per Mausklick – fair arbeiten für digitale Plattformen?
Bestellen per Mausklick – fair arbeiten für digitale Plattformen?
Wir bestellen Pizza bei Lieferando, mieten die Ferienwohnung über Airbnb oder suchen auf MyHammer nach einem Handwerker. Die eigentliche Leistung aber wird nicht von diesen Firmen erbracht, sondern von Dritten: von Fahrradkurieren, Wohnungsbesitzern, Handwerkern und vielen anderen. Zwischen Kunde und Auftraggeber sitzt die Plattform und verändert die Beziehungen der beiden und damit die Arbeitswelt. Nicht immer nur zum Guten. Ob festangestellt, selbständig oder freiberuflich – Plattformarbeiter verdienen oft nicht viel. Manche müssen sich sogar selbst um Krankenversicherung und Altersvorsorge kümmern.
Der Clickworker Stephan Gerhard aus Bonn schreibt Texte fürs Internet. Bezahlt wird er pro Beitrag. Einen Teil des Honorars, den der Auftraggeber zahlt, behält die Plattform. Urlaubsgeld oder Ausfallhonorar bei Leerzeiten erhält Gerhard nicht.
Der Schreiner Gerd Wilhelm aus dem Odenwald hat sich viele Jahre Aufträge über die Plattform MyHammer gesucht. Anfangs wurde eine Provision pro Vermittlung fällig. Eines Tages stellte MyHammer das System um. Jetzt zahlen Handwerker bereits dann Gebühren, wenn sie mit einem Kunden Kontakt haben – auch, wenn sie keinen Auftrag bekommen. Das ärgert viele.
Ärger gibt es auch bei Lieferando. Der größte Essens-Lieferdienst in Deutschland beschäftigt rund 10.000 Fahrradkuriere. Alle festangestellt. Viele sind mit dem eigenen Fahrrad unterwegs. Und nutzen ihr eigenes Smartphone, denn Aufträge gibt es nur über eine Handy-App. Einen Betriebsrat gibt es nur an einigen Orten. Auch auf der anderen Seite herrscht Unzufriedenheit: Viele Restaurants beklagen sich über hohe Provisionen. Zum Beispiel der Hamburger-Brater Burgercult in Münster. Er zahlt bis zu 30 % Provision pro Auftrag. Gleichzeitig gehe es aber nicht ohne Lieferando, heißt es bei Burgercult. Denn der Platzhirsch beherrsche das Geschäft. Lieferando sei Fluch und Segen zugleich.
Das erst 2020 gegründete Berliner Unternehmen Gorillas liefert Lebensmittel und macht damit einen dreistelligen Millionen-Umsatz. Viele der Fahrradkuriere sind Ausländer, die froh sind, einen Job gefunden zu haben. Doch sie klagen immer wieder über fehlerhafte und verspätete Lohnabrechnungen. Nach langen Querelen zwischen Firmenleitung und Beschäftigten gibt es immerhin einen Betriebsrat.
Allen Plattformen gemeinsam: Sie sind mächtig, weil sie einen großen Teil des Marktes abdecken. Gleichzeitig sind diejenigen, die die Aufträge ausführen und damit die eigentliche Arbeit machen, also die Clickworker, Handwerker, Fahrradkuriere und Restaurant-Betreiber, meistens Einzelkämpfer
Eine gemeinsame Interessenvertretung gegenüber den mächtigen Plattformen gibt nur in wenigen Fällen.
Diese Doku des SWR von Thomas Eberding trägt den Originaltitel: Bestellen per Mausklick – die Welt der digitalen Plattformen, und wurde am 21.12.22 in die ARD-Mediathek hochgeladen.
Bestellen per Mausklick – fair arbeiten für digitale Plattformen? | SWR Doku