Brauchen wir Korruption?
Brauchen wir Korruption?
Sie ist eine regelrechte Geldvernichtungsmaschine: Korruption begleitet uns seit Menschengedenken. Wie können wir sie nur endlich loswerden? Aber Moment mal … müssen wir sie wirklich bekämpfen? Korruption wird mitunter auch „Schmiermittel für die Wirtschaft“ genannt, das klingt nützlich. Brauchen wir sie womöglich sogar, damit unsere Gesellschaften funktionieren?
Korruption ist ein Phänomen, das sich im Verborgenen abspielt und nur selten sichtbar wird. Wird doch mal ein Fall aufgedeckt, ist die Aufregung groß. Doch nicht immer empören wir uns über Korruption. In der frühen Neuzeit sei sie in Form von Patronage, also Günstlingswirtschaft, sogar ein grundlegendes Element der Staatsorganisation gewesen, sagt Jens Ivo Engels, Historiker an der Technischen Universität Darmstadt.
Auch die Etablierung des modernen Beamten im Zuge der Französischen Revolution konnte das Prinzip „eine Hand wäscht die andere“ nicht beenden. Bilde Korruption in einer Gesellschaft erst einmal die Norm, sei es für ihre Mitglieder viel schwieriger, sich ihr zu entziehen, erklärt Marie-Claire Villeval, Verhaltensökonomin am französischen Zentrum für wissenschaftliche Forschung (CNRS).
Korruption werde dann regelrecht ansteckend. Und das hat weitreichende Konsequenzen: Haben es Menschen aus nicht-korrupten Ländern mit Vertretern aus vermeintlich korrupten Gesellschaften zu tun, nimmt die Bereitschaft Ersterer für Schmiergeldzahlungen deutlich zu, wie Sozialpsychologe Nils Köbis vom Max-Planck-Institut für Bildungsforschung beobachtet hat. Er berichtet, dass vermehrt auch künstliche Intelligenz in Form von Algorithmen zum Einsatz kommt, um Korruption auf den Leib zu rücken.
Wissenschafts-Dokureihe, Regie: Mike Plitt (D 2023, 27 Min)
Brauchen wir Korruption? | 42 – Die Antwort auf fast alles | ARTE