TikTok und das Geschäft mit der Flucht
TikTok und das Geschäft mit der Flucht
Sie bieten Überfahrten im Schlauchboot nach England an, für ein paar Tausend Euro: Auf dem sozialen Netzwerk TikTok werben Schlepper für ihr illegales Geschäft, allen Schiffbrüchen und menschlichen Tragödien zum Trotz. Und das chinesische Unternehmen greift nur selten ein, um die entsprechenden Konten zu sperren.
In ihren Werbevideos bieten sie illegale Überfahrten an und liefern sich einen regelrechten Konkurrenzkampf mit unhaltbaren Versprechungen: „Überfahrt in drei Stunden“, „1000-prozentig sicher“. Zwischen 1 700 und 4 000 Euro zahlen die Migranten für eine Überfahrt von Nordfrankreich nach England, in heruntergekommenen Schlauchbooten, in denen oft der Tod mitfährt. Wie gefährlich die Überfahrt ist, verschweigen die Schlepper: 6.000 Migranten mussten 2023 aus Seenot gerettet werden, neun sind ertrunken.
Dank hartnäckiger Recherche in den Sozialen Medien und mithilfe von Bildsuche- und Tracing-Tools konnten die Journalisten von "Mit offenen Daten" die Schlepper ausfindig machen, die hinter den TikTok-Accounts stecken. Indem sie sich auf der Plattform als Migrant ausgaben, der eine Überfahrt suchte, fanden die Journalisten unter anderem heraus, dass der Preis für die Überfahrt von der Staatsangehörigkeit der Migranten abhängt.
Das kriminelle Geschäft der Schlepper entpuppt sich als höchst lukrativ. Bei rund 50 Passagieren zu je 2000 Euro im Schnitt nehmen die Schlepper pro Boot mindestens 100 000 Euro ein. Rund 35 000 Migranten haben 2023 die Überfahrt gewagt.
Dass dieses groß angelegte und gar nicht so verborgene Business über die sozialen Medien und insbesondere auf TikTok ungehindert laufen kann, wirft die Frage nach der Verantwortung der Plattformen auf. In vielen Fällen unternimmt TikTok nicht genug, um entsprechende Konten zu sperren und den Menschenhandel effektiv zu unterbinden.
TikTok und das Geschäft mit der Flucht | Mit offenen Daten | ARTE