phoenix persönlich: Botschafter a. D. Andreas Reinicke zu Gast bei Inga Kühn
phoenix persönlich: Botschafter a. D. Andreas Reinicke zu Gast bei Inga Kühn
In der Sendung „phoenix persönlich“ spricht Inga Kühn mit dem Direktor des Deutschen Orient-Instituts Berlin und ehemaligen Botschafter Andreas Reinicke über die Bekämpfung der Terrororganisation Hamas, die Interessen der einzelnen Staaten im Nahost-Konflikt und die Möglichkeiten der Diplomatie.
„Meine Überzeugung ist, dieser Konflikt ist weder von der einen noch von der anderen Seite mit militärischen, kriegerischen Mitteln zu lösen“, sagt Botschafter a.D. Andreas Reinicke. Man müsse also zu der Überzeugung kommen: „Wir müssen eine friedliche Lösung herbeiführen.“
Das würde sich in mehreren Etappen und einem diplomatischen Prozess vollziehen, so Reinicke. Dabei würde es in einem ersten Schritt um die Befreiung der Geiseln oder die Befreiung von ausländischen Staatsangehörigen gehen. Dann ginge es um die Frage Feuerpause ja oder nein? Die nächsten größeren Fragen seien dann: „Wie sieht eigentlich die Zukunft des Gazastreifens aus?“ Und: „Wie wird der Gesamtkonflikt gelöst? Das ist noch ein weiter Weg bis dahin, wir wissen auch gar nicht, ob wir soweit kommen.“
Die Europäische Union spiele eine wichtige Rolle bei der Lösung des Konflikts, so Reinicke, ehemaliger EU-Sonderbeauftragter für den Friedensprozess im Nahen Osten. „Wenn dieser Konflikt nicht gelöst wird, sind die Auswirkungen für die Amerikaner letztendlich überschaubar. In Europa sind sie aber sehr unmittelbar. Sei es durch kriegerische Auseinandersetzungen, sei es durch Flüchtlingsbewegungen. Von daher gesehen können wir nicht nur etwas tun, sondern wir müssen uns dort beteiligen.“
Dass die Terrororganisation vollständig zerschlagen werden kann, hält Andreas Reinicke für nicht realistisch. Einmal, weil Hamas nicht nur eine Terrororganisation sei, „sondern eine ganze Bewegung“, die zu den Muslimbrüdern zähle und deren politische Führung im Ausland sei und nicht im Gazastreifen. Zudem sei das Tunnelsystem „so ausgefeilt, dass man nicht davon ausgehen kann, dass man alles findet und dass auch alle dort sind“. Für Reinicke ist es realistisch, dass Hamas stark geschwächt werde, das sei „wichtig und richtig für Israel und natürlich für die Region. Aber sie zu zerstören halte ich für unrealistisch.“
Über sein Selbstverständnis als ehemaliger Diplomat erklärt Andreas Reinicke, dass es die große Herausforderung sei, in solch emotionalen Situationen und Konflikten, sachlich zu bleiben und einen kühlen Kopf zu bewahren. „Das klingt furchtbar, wenn man denkt, der Mensch muss doch Emotionen haben und natürlich habe ich auch Emotionen. Und natürlich telefoniere ich mit Freunden, die ich in Israel habe, ich telefoniere mit Freunden, die ich in der arabischen Welt habe, um einfach ein Gefühl dafür zu bekommen, wie sie denken, wie sie ticken und wie sie fühlen. Aber ich weiß, eine Lösung ist nur durch kühlen Kopf zu bekommen und den müssen wir behalten.“
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