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MrSpinnert von MrSpinnert, vor 8 Monaten
Wege aus dem Schwarzweißdenken

Wer ist gut, wer ist böse? Wer ist Täter, wer Opfer? Der Krieg in Gaza ist auch ein Krieg der Narrative und Zuschreibungen. Die Deutsch-Palästinenserin Jouanna Hassoun ärgert sich über die Debatte in Deutschland und versucht Auswege aus diesem Schwarzweißdenken zu finden – beispielsweise im Dialog mit Berliner Schülerinnen und Schülern.

Jouanna Hassoun ist Geschäftsführerin des Bildunsgvereins Transaidency. Wo immer sie kann, versucht sie Menschen ins Gespräch zu bringen. Wir treffen sie in ihrem Büro in Berlin Moabit. Ihr Thema aktuell: Der Krieg in Gaza. Gemeinsam mit dem Deutsch-Israeli Shai Hoffmann engagiert sie sich.

Seit dem Angriff der Hamas im Oktober gehen die beiden als palästinensisch-jüdisches Gespann an Schulen deutschlandweit. Der Konflikt ist längst hier angekommen. Sie haben hunderte von Anfragen.

Jouanna Hassoun

„Wir wussten, dass das schwierig wird. Wir müssen mit unseren Persönlichkeiten und unseren Narrativen an die Schulen, um mit den Schülern ins Gespräch zu kommen über ihre Gefühle. Weil kein Konflikt dieser Welt emotionalisiert, aus unserer Sicht, so sehr wie der Nahostkonflikt.“

Diese Emotionen zulassen, zuhören, einordnen – darum geht es den beiden. Die Desinformation über Soziale Medien ist übermächtig. Die Botschaften, die die Jugendlichen erreichen werden immer radikaler. Für Jouanna Hassoun und Shai Hoffmann schwer dagegen anzugehen.

Jouanna Hassoun fühlt sich den Schülerinnen und Schülern, die Familie in der Region haben, verbunden. Denn sie und Shai Hoffmann sind genauso betroffen. Sie kennt selbst das Trauma des Krieges. Das hier ist das einzige Bild, das aus ihrer Kindheit noch existiert. Sie wächst in einem Flüchtlingslager im Libanon auf.

Jouanna Hassoun

„Unser Haus wurde zweimal zerstört. Zerbombt, in die Luft gesprengt. Ein Jahr lang hatten wir kein Zuhause, da haben wir in der Schule gelebt. Und immer wieder, wenn wir versucht haben, ein neues Leben aufzubauen, wurde dieses Leben wieder zerstört.“

Mit 6 Jahren flüchtet ihre Familie nach Deutschland. Als Palästinenser sind sie staatenlos, lange sind sie hier nur geduldet. Mit 27 wird sie endlich eingebürgert.

„Endlich deutsch“ stand auf den Keksen, die damals eine Kollegin für sie gebacken hat. Heute nutzt sie ihre Stimme, um zu vermitteln. Immer wieder kommt es aktuell auch an Berliner Universitäten zu Konflikten. Jouana Hassoun beobachtet, wie Aktivisten den Konflikt für sich instrumentalisieren. Die von links sind gerade besonders laut.

Jouanna Hassoun

„Wir haben so eine dermaßen große Spaltung mittlerweile, wo es nur noch ein Kampf gegeneinander ist und die wenigen Stimmen, die bereit sind, miteinander ins Gespräch zu kommen, zuzuhören, die werden total übertönt, weil nicht zugehört wird, weil den jüdischen Menschen nicht zugehört wird. Und weil den muslimischen Menschen nicht zugehört wird. Leid gegen Leid auszuspielen, gegen Antisemitismus, gegen Rassismus, Rassismus gegen Antisemitismus, das schürt nur Hetze, das schürt nur Hass und das bringt uns nicht in den Dialog.“

Wege aus dem Schwarzweißdenken | rbb Kultur
Autorinnen: Katharina Röben, Nathalie Daiber
Foto: picture alliance / SULUPRESS.DE | Torsten Sukrow