Reiches Bayern, arme Alte!
Reiches Bayern, arme Alte!
Im reichen Bayern ist nahezu jeder fünfte Ältere von Armut bedroht. Und das obwohl die Menschen hart gearbeitet haben. Ohne Zusatzverdienst und ehrenamtliche Hilfe könnte so mancher nicht überleben.
Zum Leben zu wenig …
Altersarmut in Bayern
Sie haben ihr ganzes Leben lang hart gearbeitet und trotzdem reicht die Rente nicht. Gerade in Bayern, einem der reichsten Bundesländer gibt es viele ältere Menschen, die unterhalb der Armutsgrenze leben.
Mittlerweile ist es in München ein gewohntes Bild: ältere Menschen schauen unter Parkbänken und in Mülleimern nach, um sich etwas zu ihrer kargen Rente hinzuzuverdienen. 25 Cent gibt es für eine Plastikflasche, acht für eine Mehrwegflasche aus Glas. Das bedeutet ein kleines Zubrot.
Auch Martina Wieland bessert ihren Lebensunterhalt so auf. Ihr Einkommen reicht kaum für das Nötigste. Jahrelang betrieb sie mit ihrem Mann eine Gastwirtschaft. Der überreichte ihr zwar regelmäßig einen Monatslohn, jedoch bar auf die Hand. In die Arbeitslosen- oder in die Rentenversicherung wurde nie etwas einbezahlt. Bemerkt hat sie das erst nach seinem Tod.
Altersarmut ist weiblich
Und dies ist gerade in Bayern, dem Bundesland, das sich seiner hohen Lebensqualität und geringen Arbeitslosigkeit rühmt, kein Einzelfall. Denn sowohl in der Landwirtschaft als auch in der Gastronomie werden niedrigste Löhne gezahlt. Zwei Erwerbszweige, die traditionell in Bayern weit verbreitet sind.
Auch nach Jahrzehnten mit festangestelltem Arbeitsvertrag sammeln sich nur geringe Rentanansprüche an und private Vorsorge ist bei diesen Einkommen vollkommen unmöglich. Kommt dann noch eine längere Auszeit durch Kinderziehung hinzu, bleibt ein würdiges Auskommen im Alter eine Utopie: Daher ist Altersarmut, gerade in Bayern, vor allem weiblich. Neu-Rentnerinnen haben statistisch nur die Hälfte des Anspruchs der Männer erarbeitet. Im Schnitt gerade einmal 540 Euro.
Ohne Hilfe geht es nicht
Viele bayerische Alte sind deswegen auf ehrenamtliche Helfer angewiesen, die kontinuierliche Unterstützung anbieten und in Notlagen schnell und unbürokratisch zur Stelle sind. So wie der Münchner Verein „Lichtblick Seniorenhilfe“. Er hilft Menschen wie Dagmar Neiser, 64, die nach einer schweren Krankheit nicht mehr arbeiten kann und von der Grundsicherung lebt. Ihr zahlt die Seniorenhilfe 35 Euro im Monat: „Möchte man nicht glauben, wie wichtig und wie viel Geld 35 Euro im Monat sind, wenn man sie nicht hat,“ sagt sie.
Auf dem Land ist es für die Armen besonders schwer: Zum einen schämen sich viele, arm zu sein. Zum anderen sind die Distanzen zur nächsten Hilfe groß. Alfons Rahn, 71, lebt im Bayerischen Wald und ist einer der wenigen Armen, der über sein Leben spricht. Er arbeitete in der Landwirtschaft, konnte nichts zurücklegen. Heute fährt er zweimal die Woche nach Mitterteich zur Tafel und versorgt sich so mit Lebensmitteln. Dadurch konnte er in den letzten Monaten sogar 200 Euro zurücklegen: „Ich muss ja ein bisschen sparen, auch für schlechtere Zeiten.“ (Sendetext 3sat)
Reiches Bayern, arme Alte! | Dokumentation | 30.03.2016 | 3sat