Ein bulgarischer Badeort in Kriegszeiten
Ein bulgarischer Badeort in Kriegszeiten
Der Krieg in der Ukraine hat den Alltag im bulgarischen Pomorie, auch Klein-Moskau genannt, auf den Kopf gestellt. In dem Küstenort leben ukrainische Geflüchtete, regimetreue russische Badegäste und vor Putin Geflüchtete zusammen. Perspektiven aus einem erstaunlichen Mikrokosmos am Schwarzen Meer.
Pomorie ist ein bulgarischer Badeort, der seit 20 Jahren vornehmlich von russischen Gästen besucht wird. Er wird auch „Klein-Moskau“ genannt. Jeden Sommer strömen tausende Menschen aus Russland auf die kleine Halbinsel, gelockt durch Strände, niedrige Preise und einen starken kulturellen Bezug zur lokalen Bevölkerung.
Obwohl Bulgarien Mitglied von EU und NATO ist, hat Russland doch noch immer einen bedeutenden Einfluss auf die ehemalige sozialistische Republik. Daher führt der Krieg in der Ukraine hier mehr als anderswo zu schwierigen Situationen.
Bulgarien gehört zu den wenigen Ländern der EU, in denen prorussische Demonstrationen organisiert wurden. Gleichzeitig unterstützt Bulgarien seit Kriegsbeginn die Sanktionen gegen Moskau. Außerdem hat das Land mehr als 100.000 Geflüchtete aufgenommen, die meisten davon in Hotels an der Küste – wie in Pomorie.
Unter ihnen sind Svetlana und zwei ihrer Kinder. Ihr ältester Sohn ist 20 Jahre alt und konnte die Ukraine nicht verlassen. Nachdem sie kostenlos in einem Hotel untergebracht wurde, arbeitet sie für einen geringen Lohn als Putzfrau und möchte Bulgarien verlassen.
Sie fürchtet sich, russischen Gästen zu begegnen, die Putins Politik unterstützen – wie Natalia, der eine Wohnung in der Küstenstadt gehört. Sie kommt jeden Sommer mit ihrer Familie hierher, auch dieses Jahr und trotz der Probleme, die sie beim Reisen wegen der Sanktionen gegen Russland hatte.
Doch es gibt in Pomorie auch Russinnen und Russen, die vor Putins Politik geflohen sind. Unter ihnen Lena und Mihai: Die beiden unterstützen Geflüchtete seit Monaten bei der Essensausgabe und bei Behördengängen.
In dieser gespaltenen Stadt leben ukrainische Geflüchtete, regimetreue und regimefeindliche Russinnen und Russen Seite an Seite. Sie begegnen sich Tag für Tag – und gehen sich tunlichst aus dem Weg.
Reportage (F 2022, 32 Min)
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