Wie übersteht man schwierige Zeiten?
Wie übersteht man schwierige Zeiten?
Die Weltlage gibt wenig Anlass für Optimismus: Was macht der Krieg mit dem 12-jährigen Nikita aus Charkiw, der während der Belagerung seiner Stadt die sichere Metro monatelang nicht verlassen darf? Was erlebt der Dramatiker Amir Gudarzi auf der Flucht vor dem iranischen Mullah-Regime? Wie verliert die Schriftstellerin Adèle Rosenfeld in existentiellen Krisen nicht den Mut?
Was machen Krisenzeiten mit uns und wie gehen wir mit ihnen um? Seit eineinhalb Jahren gibt es Krieg in Europa. Wie schaffen es die Menschen in der Ukraine, mit der täglichen Bedrohung zu leben? Welche Auswirkungen hat sie auf Kinder, wie den zwölfjährigen Nikita aus Charkiw? Der Dokumentarfilm „Photophobia“ begleitet ihn und die Menschen, die während der massiven russischen Angriffe auf die ukrainische Stadt 2022 in der Charkiwer Metro Schutz suchten. Die beiden Regisseure Ivan Ostrochovský und Pavol Pekarčík verbrachten selbst mehrere Wochen in den Zügen und auf den Bahnsteigen. Ihnen ist es gelungen, mit dem Film spürbar zu machen, was Kindsein im Krieg bedeutet.
Außerdem trifft „Twist“ in Wien den österreichisch-iranischen Dramatiker Amir Gudarzi. Der 1986 in Teheran geborene Autor war 2009 bei den Protesten gegen die islamistische Diktatur dabei und wurde gezwungen, aus dem Iran zu fliehen. In seinem gerade erschienenen Debütroman „Das Ende ist nah“ gibt er jetzt Einblick in das Leben eines Menschen, der Heimat, Familie, Freunde und Sprache zurücklassen muss, um zu überleben. Was hat ihn durch diese Zeit gerettet?
Auch die junge französische Schriftstellerin Adèle Rosenfeld erzählt in ihrem gerade auf Deutsch erschienenen Roman „Quallen haben keine Ohren“ an ihrer eigenen Krise entlang. Mit Humor und Leichtigkeit schreibt sie darüber, was es heißt, mit einer unsichtbaren Behinderung zu leben: wenn der Hörsinn immer mehr nachlässt. In Frankreich stand ihr Debütroman auf der Shortlist des „Prix Goncourt du premier roman“.
Auch Judith Werner weiß, was es bedeutet, „in einer durchoptimierten Gesellschaft schwach zu sein“. Moderatorin Bianca Hauda trifft die Podcasterin („Hallo Ernstfall“) und Philosophin, die sich über „platten Optimismus-Singsang“ aufregt und spricht mit ihr über den Zwang, auch jedes Scheitern, jede Krankheit, jede politische Krise immer positiv wenden zu müssen. In ihrem aktuellen Buch „Danke, nicht gut“ plädiert sie dafür, „Tiefen zu durchleben und trotzdem nicht durchzudrehen, eine Form kritisch reflektierter Gelassenheit“. Und sie zeigt, wie man trotz allem nicht den Mut verliert.
Kulturmagazin (D 2023, 30 Min)
Wie übersteht man schwierige Zeiten? | Twist | ARTE