Wie funktioniert die „Letzte Generation“? Motivation, Finanzierung, Strategie
Wie funktioniert die „Letzte Generation“? Motivation, Finanzierung, Strategie
Ob in Berlin, Hamburg oder Dresden: Der Aufstand der „Letzten Generation vor den Kipppunkten“ polarisiert. Aktivisten kleben sich als Zeichen für ihren Widerstand an der Straße fest und verärgern zahlreiche Autofahrer, der Protest wird von vielen als Provokation wahrgenommen und von manchen sogar als Terror bezeichnet. So bezeichnen die einen die Aktivisten zum Beispiel als „Klimakleber“ und warnen vor dem Entstehen einer „Klima RAF“, die anderen solidarisieren sich, wenn auch nicht immer mit den Mitteln, dann zumindest mit den Zielen der zumeist jungen Aktivisten. Die Gruppe agiert strukturiert, in ganz Deutschland und verfolgt dabei klar definierte politische Ziele. Ihre Mittel: der kalkulierte Rechtsbruch, die Störung des Alltags, Aufmerksamkeit in den Medien und Provokation.
Anders als viele politisch motivierte Protestgruppen sieht die „Letzte Generation“ Polizei und Justiz nicht als Gegner an. Der zivile Ungehorsam erscheint ihnen jedoch legitim. Die Argumentation: die Regierung tue nicht genug gegen den Klimawandel, dabei sei sie durch das Grundgesetz verpflichtet, auch die Lebensgrundlage zukünftiger Generationen zu schützen.
exactly-Reporter Ben Arnold hat für seine Reportage Mitglieder der „Letzten Generation“ über Monate begleitet. Wie ist die Gruppe aufgebaut? Wer entscheidet über Kampagnenziele? Wie sieht die Finanzierung der Gruppe aus und wie motiviert sie junge Menschen dafür, Gerichtsverfahren, Geldstrafen oder gar Gefängnis auf sich zu nehmen?
In Dresden lernt unser Reporter Hannah kennen. Die 22-Jährige studiert Biotechnologie und gehört zum inneren Kreis der Gruppe in der Landeshauptstadt. exactly begleitet die Aktivistin während einer Klebeaktion am Blauen Wunder in Dresden. Hannah fungiert hier als „Bienenkönigin“, so die Bezeichnung innerhalb der Gruppe. Die Wut mancher Autofahrer ist groß, das bekommt auch Hannah zu spüren. Trotzdem: Die Blockade ist erfolgreich und der nun folgende Ärger mit Polizei und Justiz ist Teil der Proteststrategie der „Letzten Generation vor den Kipppunkten“.
In Hamburg und jüngst auch in Berlin begleitet exactly-Reporter Ben Arnold den 19-jährigen Lars bei Klebeaktionen. Der junge Mann aus Leipzig ist Vollzeitaktivist und nimmt in ganz Deutschland an Protesten teil. In Berlin beobachtete unser Reporter Ben Arnold eine Auseinandersetzung zwischen Lars und der Polizei bei einer Straßenblockade. Lars wurde von Polizisten unter Anwendung von sogenannten Schmerzgriffen „geräumt“ und schrie vor Schmerzen. Wir veröffentlichten das Video auf Instagram, es löste eine Internetdebatte über Polizeigewalt aus. Lars gehört auch zum vierköpfigen Strategieteam der Region Ost. Das Team definiert die Ziele für die ostdeutschen Bundesländer. Nach langen Vorgesprächen darf die Kamera beim Strategiemeeting dabei sein. Thema: wie können Aktivisten der Region dafür motiviert werden, an Blockaden in den Protest-Hotspots teilzunehmen?
Die Sozialpsychologin Maria-Christina Nimmerfroh von der Hochschule Bonn-Rhein-Sieg hat die "Letzte Generation" von innen erforscht und an Trainings- und Bindungsworkshops der Klimaaktivisten teilgenommen. Sie sagt: „Das sind keine paar Spinner, die sich auf Kreuzungen kleben. Beim Marketing und der Rekrutierung ist das eine absolut professionelle Organisation“.
Ein Film von Ben Arnold.
00:00 Intro
01:15 Straßenblockade der Letzten Generation in Dresden
02:58 Wie setzen NGOs und Protestgruppen ihre Ziele um? Expertin Maria-Christina Nimmerfroh erklärt
03:34 Vorbereitung einer Blockade am Blauen Wunder in Dresden
05:15 Die Blockade sitzt – und verärgert viele Autofahrer
07:30 Aktivistin Hannah erklärt die Intention der Gruppe hinter der Aktion
09:18 Was unterscheidet die Letzte Generation von anderen Gruppen?
10:50 Die Organisation der Letzten Generation – ein Besuch bei Sitzung des Strategieteams Ost
13:34 Lars saß wegen einer Blockade im Knast – ein Treffen danach mit ihm in Hamburg
14:40 Sperrung der Elbbrücke in Hamburg - Ein wütender Autofahrer wird handgreiflich
16:27 Oberbürgermeister von Hannover, Belit Onay, sucht das Gespräch
18:15 Auftakt der großen Protestwelle in Berlin – Gespräch mit den Gründern der Gruppe Die Letzte Generation
20:39 Finanzierung: Das A22 Netzwerk, zu dem auch die Letzte Generation gehört, wird vom Climate Emergency Fund in den USA finanziert
21:50 Lars hält eine Rede vor der Versammlung der Klimaaktivisten
24:10 Protest in Berlin mit „Slow Walk“ auf der Straße des 17. Juni
26:15 Die Polizei droht die Zwangsräumung der Straße an
28:21 TRIGGERWARNUNG: Gewalt- Aktivist Lars wird unter Einsatz von Schmerzgriffen von der Straße entfernt
29:41 Kriminologe Tobias Singelstein: Schmerzgriffe sind kein probates Mittel
30:26 Ein Ermittlungsverfahren gegen Polizisten wurde eingeleitet
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