Allein gegen die Krake – die Mafia im Visier der Priester
Allein gegen die Krake – die Mafia im Visier der Priester
Gleich zu Beginn seines Pontifikats erklärte Papst Franziskus der Mafia den Krieg. In einem Land mit 85 % gläubigen Katholiken will die Kirche ihr ganzes moralisches Gewicht in die Waagschale werfen. Wer aber sind die Priester vor Ort, die den Kampf trotz vieler Drohungen führen und sich täglich dafür einsetzen, Italien von der „Krake“ zu befreien?
Gleich zu Beginn seines Pontifikats erklärte Papst Franziskus der Mafia den Krieg: in einer Rede vor einer riesigen Menschenmenge in Kalabrien, der Heimatregion der ’Ndrangheta. Dies bedeutete einen radikalen Sinneswandel, denn bis in die 1990er Jahre hinein war die Mafia ein Tabuthema für den Vatikan. Doch durch die Komplizenschaft der Kirche konnten die Mafiosi ihre Macht lange offen zur Schau stellen und im Gewand von ehrenwerten, frommen Bürgern auftreten.
Wer sind die Männer, die diesen angekündigten Kampf vor Ort führen? ARTE Re: hat Menschen getroffen, die im Namen der Religion und des Heiligen Stuhls täglich dafür kämpfen, Italien von der „Krake“ zu befreien.
Einer von ihnen ist Don Luigi Ciotti, ein enger Vertrauter des Papstes. Seit 1995 kämpft er mit seiner Organisation „Libera“ gegen die Mafia und deren tiefe Verankerung in der italienischen Bevölkerung und Gesellschaft. Der Turiner Kirchenmann koordiniert heute unter dem Dach von „Libera“ mehr als tausend Vereine und Bürgerinitiativen, die in ganz Italien gegen die Mafia mobil machen. Seit er 2021 an die Römische Kurie, die Regierung der römisch-katholischen Kirche, berufen wurde, reist er das ganze Jahr über landauf und landab, um Opfer des organisierten Verbrechens und Anti-Mafia-Kämpfer zu unterstützen. Außerdem finanziert Luigi Ciotti mit „Libera“ seit einigen Monaten ein Schutzprogramm für Mitglieder von Mafia-Familien, die sich von der „Krake“ befreien wollen. ARTE Re: zeigt eine kalabrische Mutter und ihre Kinder, die Pater Ciotti unter seine Fittiche genommen hat.
In dem am Stadtrand von Neapel gelegenen Scampia, dessen Pyramiden-Architektur das Dekor der TV-Serie „Gomorrha“ abgab, hat die Camorra in den letzten Jahren an Einfluss verloren – vielleicht dank der Arbeit von Don Aniello Manganiello. In diesem Brennpunktviertel bietet der „kleine“ Priester der kriminellen Organisation seit 1994 die Stirn. Der heute 68-jährige Pater Manganiello hat Personenschutz trotz zahlreicher Morddrohungen stets abgelehnt. Seine Devise lautet „Jesus ist stärker als die Camorra“. Er vervielfacht die sozialen Aktionen, um die Jugendlichen und die Schwächsten der Gesellschaft aus den Klauen der Camorra zu befreien. Obwohl sich die kriminelle Organisation unauffälliger verhält, ist sie nach wie vor äußerst mächtig, und jedes Jahr fallen ihr in Scampia Menschen zum Opfer.
Etwas weiter in Kampanien, inmitten der Büffelzuchtbetriebe, denen die Region ihr „weißes Gold“ in Form des Mozzarellakäses verdankt, leitet Massimo Rocco die Käsereigenossenschaft „Le terre di Don Peppe Diana“,benannt nach einem von der Mafia ermordeten Priester. Als Symbol von Luigi Ciottis Netzwerk „Libera Terra“ wurde Massimos Bauernhof auf dem Grund und Boden errichtet, den die Justiz bei einem historischen Paten der neapolitanischen Mafia namens Michele Zaza beschlagnahmte.
Reportage (F 2022, 32 Min)
Allein gegen die Krake | ARTE Re: