Einmal kam sie auf ein Glas Wein
zu mir herein, zu mir herein
Sie schaute sich um, spuckte kräftig in die Hände
und brachte Ordnung in meine vier Wände.
Alle Sofakissen hatte sie geschickt
und sauber in der Mitte geknickt.
Ich weiss, so ein Mädchen ist eigentlich
viel zu schade für mich, viel zu schade für mich.
Da stand sie und wischte auf der Fensterbank
alle Scheiben blank, alle Scheiben blank.
Soviel Fleiss ist Gabe, nicht anerzogen
und statt der Muttermilch eingesogen.
Endlich war alles sauber und geputzt,
nur hatte sie ihr neues Kleidchen beschmutzt.
Ich weiss, so ein Mädchen ist eigentlich
viel zu schade für mich, viel zu schade für mich.
Sie hängte das Kleidchen mit den Flecken drin
zum Trocknen hin, zum Trocknen hin.
Da sah ich, dass sie selbstgestrickte Hosen trug,
geräumig und warm zum Schutz gegen Zug.
Die konnte sie, wenn sie wollte, von den Knien’
bequehm bis unter die Achseln ziehn’.
Ich weiss, so ein Mädchen ist eigentlich
viel zu schade für mich, viel zu schade für mich.
Sie hat ihre Zahnbürste mitgebracht
und blieb über Nacht, und blieb über Nacht.
Sie weinte, weil ich sagte, dass sie Ruhe geben sollte,
als sie ein paar Kunststückchen vorführen wollte.
Einem Buch, Glück zu zweit oder so entnommen
an jedem Bahnhof kann man es bekommen.
Ich weiss, so ein Mädchen ist eigentlich
viel zu schade für mich, viel zu schade für mich.
Ich sagte ihr, dass sie nicht zu weinen hätte,
in meinem Bette, in meinem Bett.
Warte bis morgen, dann triffst du hier
einen Freund von mir, der ist netter zu dir.
Jetzt wohnt sie bei ihm, hat ihm längst geschickt
die Nummer seines Autos auf ein Kissen gestickt.
Ich weiss, dieses Mädchen war eigentlich
viel zu schade für mich, viel zu schade für mich.
Hannes Wader – Viel zu schade für mich (1972)