Ausschnitt aus dem Kabarettprogramm von Georg Kreisler: „Hurra, wir sterben! Premiere war am 1. Mai 1971 im Renitenz-Theater, Stuttgart
Es wirken mit: Georg Kreisler, Elena Manta, Ursula Oberst, Mathias Lange und Fritz Stavenhagen.
Ohne Geld
Wien is a schöne schöne Stadt, das weiß alle Welt!
Aber wissen Sie, was mir ganz besonders gfällt?
Weder der Stephansturm, noch der Johann Strauss!
Nicht der Wiener Gspusi, schon goar net die Musi!
Nein, was ich am liebsten hab, ich sags grad heraus:
Die Messer!
Die Messer!
Die Gschäften san ganz voll damit!
In jeder Zahl
Aus Edelstahl
Und aus der Monarchie
Zum Schnitzen
Zum Schlitzen
Wohin man schaut auf Schritt und Tritt –
Für’n Pudel
Für’n Strudel
Und für die Chirurgie!
Wer Wien liebt – und das tun doch heut die meisten Leut –
Der denkt bei soviel Messer, gleich an diese Möglichkeit:
Wie schön wäre Wien ohne Wiener –
So schön wie a schlafende Frau!
Der Stadtpark wär sicher viel grüner
Und die Donau wär endlich so blau!
Wie schön wäre Wien ohne Wiener –
Ein Gewinn für den Fremdenverkehr!
Die Autos ständen stumm –
Des Riesenrad fallet um
Und die lauschigen Gassen wär’n leer
In Grinzing endlich Ruh –
Und’s Burgtheater zu!
Es wär herrlich, wie schön Wien dann wär!
Keine Baustölln, keine Schrammeln
Und im Fernsehn kein Programm!
Nur die Vogerln und die Pferderln
Und die Hunderln und die Baam!
Und wer durch dies Paradies muss
Findet später als Legat
Statt des Antisemitismus
Nur ein Antiquariat!
Weder Krankheit noch Genesung
Weder Fürsten noch Parlament –
Wär für Wien nicht diese Lösung
Das perfekte Happy-End?
Und der Wein wächst ungetrunken
Und die Geigen wern geschont
Und der Mond wirft seine Funken
Tief im Prater auf die Unken –
Und die Unken
Schaun versunken
In den Mond
Wie schön wär mein Wien ohne Wiener –
Wie ein Hauch, der im All balanciert!
Vielleicht gibt’s wo a fesche Angina
Die ein Wohltäter hinexportiert!
Wie schön wäre Wien ohne Wiener –
Nur einmal möcht ich es so sehn!
Und schreite ich sodann
Den Kahlenberg hinan
Und bleib oben voll Seligkeit stehn
Und seh dann aus der Fearn
Mein liebes leeres Wean –
Werd ich sagen: „Sehng’s, jetzt is da schön!“