Lyrik für Alle – Folge 193
Lyrik für Alle – Folge 193
In der 193. Folge von Lyrik für Alle rezitiert Lutz Görner Gedichte von Reiner Kunze.
Reiner Kunze (* 16. August 1933 in Oelsnitz/Erzgeb.) ist ein deutscher Schriftsteller, literarischer Übersetzer und DDR-Dissident.
Reiner Kunze ist Sohn eines Bergarbeiters und einer Kettlerin. Ab 1947 besuchte er eine Aufbauklasse, die Arbeiterkindern eine höhere Schulbildung ermöglichte. Zwei Jahre später wurde er vom Rektor seiner Schule als Kandidat der Sozialistischen Einheitspartei Deutschlands (SED) vorgeschlagen. 1951 legte er sein Abitur in Stollberg ab.
In Stollberg lernte er 1950 Ingeborg Weinhold kennen, die er 1954 heiratete. Die Scheidung erfolgte im Jahr 1960.
Kunze studierte danach Philosophie und Journalistik an der Karl-Marx-Universität in Leipzig. Nach dem Staatsexamen 1955 arbeitete er als wissenschaftlicher Assistent an der Journalistischen Fakultät der Karl-Marx-Universität (auch als „Rotes Kloster“ bezeichnet) in Leipzig. Nach schweren politischen Auseinandersetzungen kündigte Kunze 1959 seine Stelle an der Universität, ohne seine Promotion zu beenden.
Seine ersten Gedichte veröffentlichte er 1953 in der Zeitschrift neue deutsche literatur. Zunächst orientierte sich Kunze am sozialistischen Realismus, später begann er sich zunehmend von den Vorstellungen der SED zu distanzieren. Sein erster Lyrikband erschien unter dem Titel Vögel über dem Tau.
Nachdem er die Universität verlassen hatte, arbeitete er vorübergehend als Hilfsschlosser im Schwermaschinenbau.
1961 lernte er die aus einem deutsch-tschechischen Elternhaus stammende Ärztin Elisabeth Littnerová kennen, nach langer Zeit des Briefeschreibens auch persönlich. Sie heirateten, und 1962 siedelte Elisabeth Kunze von der Tschechoslowakei in die DDR über, wo sie in Greiz/Thüringen als Kieferorthopädin zu arbeiten begann. Reiner Kunze arbeitete in dieser Zeit als freier Schriftsteller in Greiz und in einem nur 15 km entfernten Bauernhaus in Leiningen. Über seine Frau und bei längeren Aufenthalten in der Tschechoslowakei kam er in Kontakt mit tschechischen Künstlern, gewann Freunde unter ihnen und übersetzte später Werke von bisher über sechzig tschechischen und slowakischen Dichtern. 1968 trat Kunze aus Protest gegen die Invasion der Warschauer-Pakt-Staaten in der Tschechoslowakei aus der SED aus. Als Folge davon legte die Staatssicherheit eine Akte unter dem Decknamen „Lyrik“ über ihn an, die bis zum Ende der DDR auf viele tausend Seiten anwuchs und die „Zersetzungsmaßnahmen“ gegen ihn im Osten und im Westen dokumentiert.
Die Herausgabe des Gedichtbandes Sensible Wege – Achtundvierzig Gedichte und ein Zyklus stieß 1969 auf Widerstand im Politbüro der SED und im Schriftstellerverband der DDR. Für Kunze wurde es zunehmend schwieriger, seine Werke zu veröffentlichen. Sein Freund Heinz Knobloch konnte ihm – nicht ohne persönliches Risiko – bis 1974 kleine Aufträge für Rezensionen in der Wochenpost verschaffen. Dort erschienen von 1969 bis 1974 Rezensionen unter den Pseudonymen „Jan Kunz“ und „Alexander Ludwig“. Als 1970 im Westen Deutschlands das Kinderbuch Der Löwe Leopold: Fast Märchen, fast Geschichten erschien, wurde Kunze wie auch nach dem Buch Sensible Wege mit einem Ordnungsstrafverfahren belegt, und die Autorenexemplare wurden beschlagnahmt.
1976 wurde sein Prosaband Die wunderbaren Jahre in der Bundesrepublik veröffentlicht. Darin kritisierte er das DDR-System scharf. Das Manuskript war heimlich in die Bundesrepublik gebracht worden. Am 7. April 1977 stellte Kunze wegen einer drohenden mehrjährigen Haftstrafe für sich und seine Frau einen Antrag auf Ausbürgerung aus der DDR. Der Antrag wurde innerhalb von drei Tagen genehmigt und Kunze siedelte am 13. April mit seinen Angehörigen in die Bundesrepublik über.
Er lebt als freier Schriftsteller in Erlau (Gemeinde Obernzell) bei Passau.
Dieser Artikel basiert auf dem Artikel Reiner Kunze aus der Wikipedia und steht unter der Lizenz der GNU und CC-by-sa 3.0: